Samstag, 4. August 2018
Eine afrikanische Massage
Wenn man nach Afrika fährt, dann erwartet man Sonne, Hitze, wilde Tiere und bunte Landschaften. Nun ja drei der vier Dinge haben wir eigentlich auch so angetroffen, doch Hitze ist gerade mal abhanden gekommen. Heute Nacht kratzen wir tatsächlich an der 0 Grad Grenze und bleiben nur dank der im Bett eingebauten Heizdecke schön warm. Der Wind pfiff nur so durch das Rondeval und hatte wieder etwas von einer schönen Winternacht. Nur mit den eigentlichen Afrikavorstellungen passte diese irgendwie nicht überein. Heute morgen würden Ann und ich schließlich von einem penetranten Vogelgebrüll wach und außerhalb des Bettes war es eiskalt im gesamten Haus.
Wir haben für heute einen Tagesausflug mit Major Adventures über den Sani Pass nach Lesotho gebucht, doch Ann fühlte sich heute morgen nicht so wohl, weshalb dieser doch ziemlich auf der Kippe stand. Nach einem warmen Tee und einem kleinen Frühstück wurde es dann aber doch etwas besser, so dass wir uns also so warm wie möglich anziehen konnten, damit wir auf knapp 3000 Meter Höhe nicht frieren mussten. Als wir schließlich die Tür des Hauses öffneten, war es schon ziemlich verwirrend, dass es draußen wärmer war, als im Haus. Trotzdem waren die warmen Sachen sicher angebracht. Das Wetter schien heute besonders gut zu werden, denn außer dem Wind war eigentlich keine Wolke zu sehen. Wir packten uns Proviant für den circa sieben stündigen Ausflug ein und fuhren mit dem Auto die knapp 10 Kilometer nach Underberg.
Heute war es hier wesentlich entspannter, doch es war auch erst kurz vor neun als wir vor dem Office von Major Adventures parkten und drinnen die nötigen Formulare ausfüllten, damit wir aus Südafrika aus- und nach Lesotho wieder einreisen dürften. Die Formalitäten waren dann auch schnell erledigt, sodass wir uns gegen kurz nach neun mit Mareijke, ihrem Mann (einem holländischen Ehepaar) und unserem Fahrer Ernest, in einem mit ordentlich Pferdestärken ausgestatteten Jeep auf den Weg machten. Ernest erzählte uns zunächst etwas über Underberg und Himmeville. Die beiden Städte teilen sich quasi eine Verwaltung und arbeiten daher zusammen.
Unterwegs hielten wir immer mal wieder an und Ernest zeigte uns am Horizont, wo wir hinfahren würden. Aktuell befanden wir uns auf 1400 Metern über dem Meeresspiegel und unser Ziel würde auf 2873 Metern liegen, wo der Sani Pass enden würde. Nach etwa 20 Kilometern erreichten wir schließlich den Punkt, an dem unsere „african Massage“ beginnen sollte, wie Ernest sie liebevoll nannte. Ein bisschen Cranger Kirmes feeling kann ja auch nicht schaden. Für die nächsten 30 Kilometer war ein Jeep mit Allrad nicht nur von Vorteil, sondern ab der Südafrikanischen Grenze sogar Pflicht. Der Weg war kaum als Straße zu erkennen. Überall lagen große Felsen und tiefe Schlaglöcher. Es ging mit circa 20 KmH vorwärts. An der Grenze mussten alle aussteigen und wir bekamen einen Stempel in unseren Pass. Von nun an befanden wir uns im sogenannten No Mans Land.
Die acht Kilometer bis zur Grenze des Königreichs Lesotho gehören keinem der beiden Länder und werden unter anderem von der UNESCO beaufsichtigt. Die Landschaft um uns herum war traumhaft. Der Pass läuft in einem Tal zwischen zwei Gebirgsketten entlang und schlängelt sich langsam höher. Im Sommer sind die Berge grün und überall fallen Wasserfälle die Berge hinab. Dann muss es hier sogar noch schöner sein, doch auch jetzt ist es schon atemberaubend. Es geht ein eisiger Wind durch den Canyon und erschwert die Fotostops etwas. Der spannendste Part des Sani Passes erfolgt dann auf den letzten circa 4 Kilometern. Hier ist es so steil, dass nur noch 4x4 Power hilft und es im Schneckentempo die Serpentinen hochgeht. Nach jeder Kurve zeigt sich ein neuer unfassbarer Blick in die Tiefe. Oben angekommen trafen wir schließlich auf die Grenzkontrolle von Lesotho.
Wir bekamen direkt den Ein- und Ausreisestempel, doch wir würden ja auch nicht lange bleiben. Zunächst stoppten wir und bekamen das erste kleine „Basotho“- (so heißen die Einwohner von Lesotho) Dorf zu sehen. Die runden aus Stein gebauten Hütten erinnern stark an die Rondevals der Zulus in Südafrika. Die Landschaft in Lesotho ist sehr kahl. Das Land besteht zu 75% aus Highlands, in denen es nur kleine Villages gibt. Die meisten der circa 2,2 Millionen Einwohner leben jedoch in den 25% der Lowlands. Die Region in der wir uns befanden, waren eindeutig die Highlands. Wir fuhren hier auf einer absolut neuen und topgepflegten Straße. Ernest erzählte uns, dass viele Chinesen in die Infrastruktur von Südafrika und Lesotho investieren. Wir fuhren zu einem kleinen Basotho Village, wo wir ein bisschen mehr über den Alltag der hier lebenden Menschen erfuhren. Zwar irgendwie etwas touristisch, doch es wurde wirklich gut gemacht.
Wir setzten uns in eines der Rondevals und ein Guide erzählte uns zunächst ein bisschen über die Besonderheiten der Basothos. Die Häuser werden natürlich komplett von Hand gebaut und bestehen aus Gras, Stein und Kuhdung. Hierbei werden die Wände und der Boden des Hauses mit dem Kuhdung eingeschmiert. Dieser dient dabei als Mörtelersatz. In der Mitte auf dem Boden befindet sich die Feuerstelle, die die Wärme, aber auch den Feuergeruch, im ganzen Haus verteilte. Wir bekamen ein sehr leckeres Stück frisch gebackenes Brot und einen Schluck vom selbstgebrauten Bier. Nun ja, Bier kann man das aber eher nicht nennen. Es handelte sich um eine trübe milchige Flüssigkeit, die eher wie vergorener Apfelsaft mit einem Schuss fettfreier Milch schmeckte. Anschließend konnte man natürlich noch ein paar der handgemachten „Crafts“ zu kaufen. Nahezu alles war aus Gras oder anderen natürlichen Stoffen hergestellt. Wir kauften uns auch zwei kleine Schalen aus Grashalmen, die wirklich hübsch aussehen.
Wir konnten uns noch ein wenig im Dorf umsehen und fuhren anschließend zum „highest Pub of Africa“ (höchster Pub von Afrika) hier machten wir Pause und konnten etwas essen. Ich entschied mich für einen Basotho-Lammtopf. Wirklich lecker. Nach ein paar Erinnerungsfotos machten wir uns dann auf den Rückweg. Bergab war es beinahe noch heftiger auf diesem Weg, doch dabei auch ein absolutes Erlebnis. Einreisen dürften wir alle auch wieder und fuhren zurück nach Underberg.
Hier kauften wir noch schnell fürs Abendessen ein und fuhren schließlich zurück zu unserer Lodge. Heute Abend scheint der Wind noch heftiger zu wehen, nur dass dazu auch noch Regen einsetzte. Daher werden wir es uns noch bei Spaghetti und Kamin gemütlich machen und den Abend ausklingen lassen. Vielleicht bekommt Ann noch eine Revanche bei Phase 10. Morgen geht unsere Reise weiter. Wir haben unseren zweiten und letzten reinen Fahrtag und werden in Richtung indischer Ozean fahren. Bis kurz vor Port Elizabeth wird unsere Fahrt gehen. Jetzt genießen wir aber den Abend und lassen die tollen Bilder von heute Revue passieren.
Bis bald Frederic.